Siegerpose. Geschafft! Mit dieser Geste verabschiedet sich Angelika Lause nach 27 Jahren aus dem Schulbüro in den Ruhestand. „Nach vorne gucke ich gar nicht. Ich weiß überhaupt nicht, wie mein Leben ohne Schule werden soll. Aber zurück schaue ich auf viele Geschichten, tolle Momente. Ich bin total dankbar, diese Zeit hat mich reicher gemacht. Es gab immer Neues zu tun, da musste ich mich immer weiterentwickeln.“ So fasst Angelika Lause ihr turbulentes Berufsleben zusammen.
Gefragt, nach den Momenten, die ihr besonders im Gedächtnis sind aus ihrer Zeit an der Schule, wird sie kurz still und Tränen treten in ihre Augen. Mit leiser Stimme folgt ihre Antwort: »Die Todesfälle. Aber es gab auch so viele andere dramatische Ereignisse, wo ich mitleide. Von den Verletzten weiß ich noch genau, wer wann was hatte. Egal, ob es Lehrer oder schreiende Kinder waren. Da war es immer wichtig, dass man richtig reagiert.« Nach zwei tiefen Atemzügen strahlt sie wieder: »Ich habe drei Geschäftsführer miterlebt und Generationen von Schülerinnen und Schülern kennengelernt. Es fühlt sich so an, als hätten die gerade erst die Schule verlassen und da kommen die schon mit zwei Kindern wieder. Oder als Großeltern, das gibt es auch. Das ist toll, so einen Blick in Lebensgeschichten werfen zu dürfen!«
Angelika Lause ging offiziell zum 1.3.2021 in den Ruhestand, durch Urlaub und Überstunden war aber bereits der 18.12.2020 ihr letzter Arbeitstag. Für die Halbjahres-Zeugnisse war sie im Januar nochmal 14 Tage nachmittags da, aber das passte ihr gar nicht so richtig in den Kram: »Ich bin eher für einen harten Lexit, weil ich sonst ewig weitermachen werde. Mein Helfersyndrom ist einfach nicht zu stoppen. Eine Scheidung auf Raten will ich nicht, das fällt mir sonst zu schwer.«
Was sie in Zukunft machen wird? Da gibt es viele Ideen. »Aber ich möchte auch nicht meine komplette Woche im Voraus verplanen«, betont Angelika Lause. »Ein Ziel ist es auf jeden Fall, Gimp zu lernen, das Fotobearbeitungsprogramm. Weil ich so gerne Fotos mache und die verschönern will.« Aber auch das neue E-Bike wartet auf sie. Die Mitgliedschaft im DLRG Langenhagen will intensiviert werden. Als Lesementorin möchte sie arbeiten. Und mehr Zeit mit ihrer 83-jährigen Mutter verbringen. »Außerdem freue ich mich darauf, mal in Ruhe zu lesen, ohne dass mir die Augen zufallen!« ergänzt Angelika Lause mit einem vorfreudigen Lächeln.
Ihrer Nachfolgerin Sina Schiewe hat Angelika Lause in 24 Tagen Übergabe vieles von dem erklärt, was zukünftig auf sie zukommen wird. »Aber man kann ja nicht alles zeigen. Man kann nicht jede Situation, die ich in 27 Jahren hatte, runterbeten. Sie wird sich wie ich auch vieles selber erarbeiten müssen«, sagt die Frau, die gerade DAS immer genossen hat: »Wenn es ein Problem zu lösen gab, habe ich mich da reingefuchst und eine Lösung gefunden. Mit dem Rückhalt aus dem Team war immer alles möglich. Das hat mich sehr weitergebracht!«
»Sina Schiewe ist total engagiert und wohl-tuend gelassen. Das wird der Schule gut tun«, sagt Angelika Lause begeistert. Sie ist sich darüber im Klaren, dass ihr Ausscheiden bestimmt für alle eine Umstellung wird, weil die Rollen ja über all die Jahre klar verteilt waren. »Aber das Team wird Sina Schiewe warmherzig aufnehmen«, ist sie überzeugt. »Sie wird bestimmt vieles anders machen.
Das ist aber gut so. Ich denke, das Feld ist gut beackert. Letztlich weiß man nicht, was da sprießt. Wird es begossen? Wird die Sonne scheinen? Das hoffe ich: Dass meine Nachfolgerin wachsen und gedeihen wird.«
Die Schulgemeinschaft dankt für den unermüdlichen Einsatz im Schulbüro und wünscht einen erfüllten (Un)ruhestand.
Vorgestellt: Angelika Lause
„Am Empfang erwartet man jemanden im Kostüm, blond und schlank. Dieses Klischee kann ich leider nicht erfüllen.“, stellt Angelika Lause mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen fest. Seit 21 Jahren arbeitet sie halbtags im Schulbüro und ist mit ihren 57 Jahren somit die dienstälteste Mitarbeiterin des Büros.
Mit 14 wollte sie Kinderkrankenschwester werden, das war ihr völlig klar. Aber die Lehrerin hielt sie für zu „flippig“, wie sie sagt: „Ich war damals einfach zu lebhaft, zu laut und zu ungeduldig. Deshalb habe ich dann die Handelsschule besucht und bin nie Krankenschwester geworden.“ Aber inzwischen habe sich der Kreis geschlossen, freut sie sich: „Jetzt habe ich mit ganz vielen Kindern zu tun. Und sie sind glücklicherweise nicht krank. Da hätte ich als Krankenschwester bestimmt viel zu sehr mitgelitten!“
Kleinere Wunden verarztet sie im Rahmen ihrer Tätigkeit trotzdem. Schreibt Zeugnisse, verteilt SchulCards, nimmt Anrufe an. „Nebenbei“ gibt sie verschiedenste Dinge aus, schreibt, ruft an, berechnet, beauftragt, hängt aus, sammelt, korrigiert, räumt, bestellt, informiert, klärt, meldet, betreut, bescheinigt, öffnet, leitet weiter, rechnet ab, wartet, erstellt, druckt/kopiert und verteilt. Und das alles ständig unterbrochen vom Klingeln des Telefons, von Besuchern und allerlei Angelegenheiten, von denen eine dringender als die andere ist.
„Hier ist man der Held, wenn man die kleinen Alltagsprobleme lösen kann“, berichtet Angelika Lause mit einem Augenzwinkern. Dass sie behilflich sein und sich nützlich machen kann, gefällt ihr. Doch sie weiß auch, dass sie manchmal an ihre Grenzen stößt und es dann passieren kann, dass sie nicht so freundlich rüberkommt: „Die kleinen und großen ‚Kunden‘ stehen im Vordergrund. Natürlich unterbreche ich für sie die konzentrierte Arbeit am PC und nehme sie eben später wieder auf. Aber manchmal sind es Menschen mit einer großen Erwartungshaltung, die oft nicht einfach zu erfüllen ist. In den Pausen beispielsweise stürmen alle Schüler gleichzeitig mit ihren ganz eiligen Anliegen in das Schulbüro. - Es geht leider vieles nicht gleich und sofort. Ich versuche, es mit Humor zu nehmen, das gelingt aber nicht immer. An der Gelassenheit wird noch gearbeitet.“
Nach Feierabend genießt Angelika Lause denn auch zuhause vor allem die Ruhe. Zusammen mit ihrem Mann, der Sohn ist bereits ausgezogen. Am liebsten beschäftigt sie sich dort mit einer kreativen, handwerklichen Tätigkeit. „Ich komme jeden Tag sehr gerne ins Büro!“, berichtet Frau Lause und gerät prompt ins Schwärmen: „Wo andere Urlaub machen, darf ich arbeiten! Am Maschsee! In einem Team von lauter netten Kolleginnen, die alle gerne zusammenarbeiten. Mit einem Geschäftsführer, der für alle Anliegen offen und bereit ist, Dinge zu ändern, die verändert werden müssen.“
Ihr schlimmstes Erlebnis in all den Jahren? Da muss Frau Lause nicht lange überlegen. Sofort fällt ihr einer der damals noch generell schulpflichtigen Sonnabende ein, an dem sie ganz alleine im Büro war: „Da wurde ein Junge mit einer Platzwunde am Kopf zu mir gebracht. Ich habe ihn erst versorgt und dann schnell die Eltern angerufen, um diese zu bitten, ihren Sohn abzuholen. Am Telefon wurde mir jedoch mitgeteilt, dass sie einen Sohn mit diesem Namen gar nicht hätten!! Nach einer Schrecksekunde auf beiden Seiten stellte sich glücklicherweise schnell heraus, dass es noch eine andere Familie mit demselben Familiennamen an der Schule gab…!“ Heute kann die erfahrene Büromitarbeiterin über dieses Erlebnis aus den Anfangstagen lächeln.