Honig für die Seele

Honig für die Seele

Ein Plädoyer für den Gartenbauunterricht. - „Wie schreibt man ‚Letzte Gelegenheit für Honig'?" Vier Schüler*innen der 7. Klasse bestücken im Schulgarten den Verkaufswagen mit Kerzen, Kräutersalzen und Honiggläsern. Auf der Tafel werben sie für den schuleigenen Honig.

Dekorativ in kleinen Gläsern abgefüllt, finden sich verschiedene Mischungen von Salz, Kräutern und Gewürzen. Die Kerzen baumeln – paarweise verbunden – über der Querstange, während die Mädchen den hölzernen Wagen in Richtung Schulhof ziehen, um ihre Produkte an Schüler*innen, Eltern und Lehrer*innen zu verkaufen. Gartenbau steht auf dem Stundenplan. Zur gleichen Zeit kümmern sich ihre Mitschüler*innen um Nachschub für den Verkauf. Eine Gruppe taucht mit Elke Pilmaier in die Kerzenwerkstatt ein, um Schicht um Schicht aus Bienenwachs gelbgoldene, duftende Kerzen zu formen. Die Gärtnerin unterrichtet zusammen mit ihren beiden Kollegen*innen, Wolfgang Kelwing und Christiane Haller, das Fach Gartenbau an der Freien Waldorfschule Hannover-Maschsee. Jeder Lehrer hat einen thematischen Schwerpunkt, so dass sich die drei Pädagogen gut ergänzen. Die restlichen Siebtklässler haben daher die Wahl zwischen Holzverarbeitung, Tierpflege und Lebensmittelverarbeitung, kurz Küche genannt. Und natürlich Gemüseanbau, sobald der Frühling beginnt. Dabei durchlaufen sie alle Bereiche im Schuljahr – unabhängig von ihren Interessen und Fertigkeiten. „Dass die Aufgaben gerecht unter den Klassenkamerad*innen verteilt werden, ist in dieser Altersstufe ein wichtiges Thema", betont Christiane Haller. Der soziale Aspekt wiegt oft schwerer als die Inhalte selbst.

Während einige beherzt zur Mistgabel greifen und den Schafen und Hühnern den Pferch säubern, tun sich andere schwer mit diesen und anderen Tätigkeiten im Schulgarten. Mit bloßen Händen in der Erde zu buddeln, in eisiger Kälte Holz zu hacken oder meterweise Buschbohnen ernten, erfordert von den Jugendlichen Ausdauer und manchmal auch Überwindung. „Und zwingt sie", so Christiane Haller, „zu einer Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Körper, ihren eigenen Kräften in einer Entwicklungsphase des drohenden Körperverlustes." Warum der Gartenbauunterricht gerade auf der Schwelle zur Pubertät auf den Lehrplan tritt, wo die Schüler*innen ganz andere Dinge im Kopf haben, geht auf Rudolf Steiner zurück. Seit knapp 100 Jahren ist das Fach Gartenbau ein fester Bestandteil an allen Waldorfschulen.

Im Garten zählt nicht die Haltung der Schüler, es ist nicht wichtig, ob sie auf etwas Lust haben oder nicht. Viele Arbeiten – sei es die Aussaat oder Ernte – müssen zu einer bestimmten Zeit und auf eine vorgegebene Art und Weise verrichtet werden. Christoph Kaiser, Gartenbaulehrer an der Waldorfschule in Tübingen, beschreibt dies als die Einsicht in Notwendigkeiten, die zu einem großen Teil nicht vom Menschen vorgegeben werden. Das, was hier gelernt werden kann, wirkt sich später im Umgang mit anderen Menschen, mit Tieren, Pflanzen, ja mit der ganzen Schöpfung aus und führt die Jugendlichen ein Stück weit aus ihrer Ichbezogenheit heraus.

Den ersten Kontakt zum Garten erfahren Waldorfschüler in der Handwerker-Epoche der dritten Klasse, in der sie von der Aussaat des Kornes bis zum fertigen Produkt alle Arbeitsschritte selber durchführen und durchleben. Im Gartenbauunterricht von der 6. bis zur 8. Klasse lernen die Schüler*innen nun, zunehmend selbstständig Aufgaben zu bewältigen. Steht anfangs das Kennenlernen des Gartens in all seinen jahreszeitlichen Facetten im Vordergrund, so übernehmen die Schüler*innen von Jahr zu Jahr immer mehr Verantwortung im Garten. „Diese Entwicklung in der Klasse zu beobachten, ist für mich immer wieder spannend", findet Christiane Haller. „Wie schnell eine Klasse zu Beginn ins Tun kommt, hängt dabei nicht nur von den Vorerfahrungen und Einstellungen der einzelnen Schülern ab, sondern zum großen Teil auch von der allgemeinen Klassenstimmung." Die Klassenlehrer*in sei hier den Schüler*innen mit seiner Offenheit und Begeisterungsfähigkeit ein wichtiges Vorbild.

Durch das, was die Kinder und Jugendlichen im Schulgarten erfahren, ertasten und schmecken, sollen sie ein reales Verständnis für die Natur und ihre Prozesse entwickeln. Dies bildet den Grundstein, um die Umwelt zu begreifen und zu achten. Der Gartenbauunterricht legt damit einerseits das Fundament, um in der Oberstufe die Naturwissenschaften und ihre Gesetzmäßigkeiten zu verstehen. Zum anderen erleben die Schüler*innen, dass sie mit ihren eigenen Händen durch eine ökologische Bewirtschaftung und kontinuierliche Pflegearbeit wertvolle Lebensmittel schaffen können – ganz in Einklang mit der Natur.

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