Neues Konzept legt Fokus auf Englisch und Französisch
Lieder singen, Reime rezitieren, Spiele spielen: Fremdsprachen an der Waldorfschule zu lernen, heißt – zumindest in der Grundschulzeit – das Hören und Sprechen einer neuen Sprache ganz unmittelbar zu erfahren und mit Landeskunde und Kultur der jeweiligen Länder zu verknüpfen. Erst später wird das zuvor spielerisch Geübte systematisch erfasst, aufgeschrieben, in Dialogen geübt, durch Lektüre vertieft. Gelehrt wurden bislang insgesamt vier Fremdsprachen an der Schule: Englisch ab der ersten Klasse, Russisch oder Französisch ab der zweiten und ab der siebten Klasse auf Wunsch Latein. Jetzt hat die Schule den Fremdsprachenunterricht neu aufgestellt mit künftig zwei Fremdsprachen: Englisch und Französisch.
Englisch bleibt weiterhin erste Fremdsprache. Als zweite Fremdsprache kommt ab der zweiten Klasse dann Französisch hinzu. Neu ist die Teilung in zwei Lerngruppen für die zweite Fremdsprache ab Klasse 5. „In kleineren Gruppen können die Sprachen intensiver vermittelt werden“, sagt Lehrerin Dörte Wiesen für den Schulentwicklungskreis, dem insgesamt acht Kolleg*innen angehören und der den Prozess vorbereitet hat. „Mit dem Fokus auf nur zwei Sprachen können wir eine größere inhaltliche Tiefe und ein besseres Fundament in der Oberstufe gewährleisten.“ Wer sich ab der neunten Klasse für den Realzweig entscheidet, kann Französisch abwählen und bleibt bei Englisch als Fremdsprache bis zum Schulabschluss. Russisch und Latein wird dann künftig auslaufen und kann nicht mehr neu gewählt werden. Selbstverständlich ist der Russisch- und Latein-Unterricht für alle, die derzeit darin unterrichtet werden, bis zum Ende ihrer Schulzeit sichergestellt.
„Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, weil jede Sprache ihren eigenen Wert und eine lange Tradition an unserer Schule hat“, erläutert Dörte Wiesen. „Wir mussten uns aber für einen Schwerpunkt entscheiden, auch um das Profil unserer Schule zu schärfen und Schüler*innen aus anderen Schulen einen Quereinstieg zu erleichtern. Wichtig war auch der Wunsch aus der Schülerschaft nach einem besseren Fundament in der zweiten Fremdsprache, mit der sie ja ins Abitur gehen müssen.“
„Jede Fremdsprache hat ihren Wert“
Weitere Kriterien, die es für die Schule bei der Reform des Fremdsprachenunterrichts zu bedenken galt, waren personelle und finanzielle Fragen. Da die frühere Aufteilung der Klassen in zwei Lerngruppen mehr Lehrerstunden als bislang erfordert, werden ein oder zwei neue Französisch-Kolleg*innen nach dem Sommer das Kollegium verstärken. Gleichzeitig werden in wenigen Jahren Kolleg*innen für Latein und Russisch die Schule verlassen und in den Ruhestand gehen. Darüber hinaus hat auch die Frage des Schüleraustausches, der angesichts des aktuellen Krieges Russlands gegen die Ukraine auf längere Zeit nicht möglich sein wird, der Reform zusätzlich Vorschub geleistet. Insgesamt acht Modelle wurden in der Schulführungskonferenz erörtert und jeweils Vor- und Nachteile abgewogen. „Mit der jetzt beschlossenen Reform haben wir eine klares Profil für einen zukunftsorientierten Fremdsprachenunterricht gewonnen“, sagt Dörte Wiesen. Das neue Konzept startet ab dem Schuljahr 2023/2024.